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SoSe 2025

mapping the protest

studio bader

Im Angesicht des Aufstiegs autoritärer Regierungen sind Proteste zum wichtigsten Instrument des Widerstands geworden. Dieser Anstieg des Widerstands wird mit schärferen und gewalttätigeren Gegenmaßnahmen durch die Polizei beantwortet. Besonders der Einsatz sogenannter „weniger tödlicher Waffen" und die Verletzungen, Verstümmelungen und Todesfälle, die sie verursachen, ist eine besorgniserregende Entwicklung. Um den modernen Protest und seine Rolle in unseren Städten und unserer Gesellschaft als Ganzes zu verstehen und zu visualisieren, kartiere ich die beiden Akteure eines Protests, die Polizei und die Menschen, im Kontext zweier Protestbewegungen: der Gilet-Jaune-Bewegung in Frankreich und der Proteste gegen RWE in Lützerath.

Beginnend im Jahr 2018, ursprünglich als Protest gegen die steigenden Kraftstoffpreise, war das „Mouvement des Gilets Jaunes", die Gelbwestenbewegung, in ganz Frankreich aktiv. Der Protest wurde schnell sehr gewalttätig und wurde mit exzessiver Polizeigewalt beantwortet. Diese erste Karte zeigt die Militarisierung der französischen Polizei, die Waffen, die sie gegen Zivilisten einsetzen, ihre Taktiken und die Konsequenzen dieser Entwicklung. Diese Untersuchung ist repräsentativ für einen Trend, den wir weltweit beobachten, einen Trend der Militarisierung der Polizei und der gewaltsamen Unterdrückung von Protesten, wie wir ihn gerade in Los Angeles, Istanbul und Belgrad sehen, aber auch in gewissem Maße in Deutschland, insbesondere im Kontext von Protesten gegen den Völkermord am palästinensischen Volk.


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Lützerath war ein Dorf westlich von Köln, das ab 2020 von Aktivist:innen besetzt wurde. Einst Heimat von 105 Menschen, musste die Siedlung im Frühjahr 2023 dem Tagebau Garzweiler II weichen, der vom Energiekonzern RWE betrieben wird. Nachdem der Braunkohleplan 2006 überarbeitet worden war, begann die Umsiedlung der Bewohner:innen von Lützerath. Die Räumung sollte bis 2019 abgeschlossen sein, doch einige Bewohner:innen blieben. Während Teile des Dorfes abgerissen wurden, kamen immer mehr Protestierende nach Lützerath. Einige blieben und besetzten die Häuser, die RWE von den Bewohner:innen gekauft hatte. Eine Schlüsselfigur war der Landwirt Eckardt Heukamp, der sich weigerte, seinen Hof aufzugeben, und rechtlich gegen die Zwangsräumung vorging. Er erlaubte Aktivist:innen, auf seinem Hof zu leben, wodurch das Protestcamp entstand und die Bewohner:innen Lützerath verließen. In den folgenden Monaten entwickelte sich Lützerath zu einem Modellprojekt für eine alternative Lebensweise. Festivals und große Demonstrationen wurden organisiert, um Menschen nach Lützerath zu bringen und Gleichgesinnte zu vernetzen. Ende 2022 wurde die Situation für die Aktivist:innen jedoch zunehmend angespannt, da die Grünen den politischen Weg für den Ausbau des Tagebaus ebneten. Nachdem der neue Betriebsplan für RWE am 8. Dezember 2022 genehmigt worden war, begannen die Aktivist:innen sich auf Tag X vorzubereiten – den Tag, an dem die Polizei Lützerath räumen würde. Am 15. Januar wurden die letzten Menschen aus den Hochstrukturen entfernt, und am nächsten Tag verließen die letzten beiden Aktivist:innen, die sich in einem Tunnel verbarrikadiert hatten, das Dorf.